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Amazon will nun auch Mobilfunk aus dem All anbieten
In einer Stellungnahme zum Konsultationsverfahren des britischen Regulierers Ofcom hat Amazon vergangenen Freitag preisgegeben, dass der amerikanische Konzern nun auch an einem Satelliten-gestützten Mobilfunknetz für sog. „direct-to-device“-Anwendungen arbeitet.
Während Amazons bereits 2020 angekündigte Konstellation von 3236 erdnahen Satelliten namens „Project Kuiper“ wie SpaceX Starlink in sehr hohen Frequenzbereichen funkt und dafür komplexe, selbstausrichtende sowie energiehungrige Antenneneinheiten erfordert, soll Amazons neues direct-to-device-Netz den Satellitenfunk direkt über Mobiltelefone ermöglichen.
Chronologischer Überblick
Satellitenkommunikation mittels mehr oder minder handlicher Telefone ist seit dem Start der Satellitenkonstellationen von Iridium und Globalstar vor rund 25 Jahren möglich. Allerdings sind die dafür erforderlichen Endgeräte groß und ebenso teuer wie die entsprechenden Mobilfunktarife. Ein "Blue Bird" Satellit von AST SpaceMobileFoto: AST SpaceMobile Neu dagegen sind zwei Bestrebungen: Erstens die Satellitenkommunikation ohne Größenzuwachs in handelsübliche Smartphones zu integrieren und zweitens für den Satellitenfunk terrestrische Mobilfunkfrequenzen wiederzuverwenden. Letzteres birgt den Vorteil, dass Milliarden von vorhandenen Mobiltelefonen sofort auf solche Netze zugreifen könnten, also keine neuen Gerätschaften erforderlich sind. Gemeinsam ist den beiden Ansätzen der Überbegriff „direct-to-device“ (D2D) und das Ziel, weltumspannend möglichst lückenlose Mobilfunkversorgung bereitzustellen.
Vorreiter von D2D: AST SpaceMobile
Vorreiter von D2D-Diensten ist der börsengelistete texanische Satellitenbetreiber AST SpaceMobile, der seine Pläne erstmalig Anfang 2020 bekannt gab und am 12. September dieses Jahres seine ersten fünf kommerziellen Satelliten in den LEO startete. Diese sollen in den kommenden Wochen in den Wirkbetrieb gehen. AST SpaceMobile, das zu seinen Investoren AT&T, Vodafone, Rakuten und Google zählt, schließt Partnerschaften mit terrestrischen Mobilfunkanbietern, die Teile ihrer Frequenzen überlassen, um die eigenen Versorgungslücken per Satellit zu schließen.
Das so bereitgestellte Satellitennetz soll mit handelsüblichen Mobiltelefonen nach dem LTE-Standard zugänglich sein und neben SMS auch Telefonie und den Internetzugang ermöglichen. Dank einzigartiger Phased-Array-Antenne, die entfaltet 64 qm Fläche umfasst, sollen die Satelliten trotz des schwachen Signals herkömmlicher Mobiltelefone eine stabile Verbindung über mehr als 500 km Distanz aufrechterhalten können.
SpaceX kündigt "direct-to-cell" an
Im August 2022 kündigte auch SpaceX neben seinem bereits verfügbaren Breitbanddienst „Starlink“ einen D2D-Dienst an, den das Unternehmen leicht abweichend als „direct-to-cell“ (D2C) bezeichnet. Dieser wird zunächst in exklusiver Partnerschaft mit T-Mobile in den USA lanciert.
Dank eigener Satellitenfertigung und eigener Trägerrakete gelang es SpaceX, bereits über 120 Satelliten für den D2D-Dienst in erdnahe Umlaufbahnen zu befördern, allerdings längst nicht genug für eine unterbrechungsfreie Abdeckung. Erst am Sonntag erhielt SpaceX eine Ausnahmegenehmigung der amerikanischen Regulierungsbehörde FCC den Satellitendienst per sofort in den vom Hurricane Helene betroffenen Gebieten an der US-Ostküste bereitzustellen, um die zusammengebrochene Mobilfunkversorgung zu ersetzen und so die Katastrophenhilfe zu erleichtern.
Auch SpaceX verwendet - nachdem es erfolglos versucht hat, mittels juristischer Spitzfindigkeiten Globalstars Frequenzzuteilungen aus den 1990er Jahren streitig zu machen - ausschließlich terrestrische Mobilfunkfrequenzen, die T-Mobile USA leihweise zur Verfügung stellt, und zwar ausschließlich in Regionen, in denen keine terrestrische Mobilfunkversorgung besteht.
Apple: Notruffunktion ab iPhone 14
Seit dem iPhone 14 von Apple gibt es die Möglichkeit, in bestimmten Ländern via Textnachricht über Satellit Hilfe zu holen.Foto: Apple Kurz nach SpaceX folgte im September 2022 sodann Apple mit der Einführung einer Satelliten-gestützten Notruffunktion für das iPhone 14 und dessen Nachfolger. Im Gegensatz zu den vorgenannten Unternehmen konnte Apple den Dienst sofort bereitstellen. Möglich war dies durch die Nutzung des Anfang 2000 in Betrieb genommenen Globalstar-Netzes. Als Teil der Partnerschaft mit Globalstar finanziert Apple mindestens 17 neue Satelliten zur Ablösung der bereits über zehn Jahre alten Vorgänger im Wert von 327 Millionen US-Dollar (ca. 300 Millionen Euro) und zahlt dazu jährlich rund 50 Millionen Dollar (45 Millionen Euro) für den Satellitendienst.
Für iPhone-Besitzer sind Satellitenmitteilungen bislang kostenlos, allerdings trotz nahezu weltweiter Abdeckung nur in 17 Ländern freigeschaltet. Nachteil Globalstars ist vor allem, dass das nicht nur die Satelliten, sondern auch der Funkstandards veraltet ist und zumindest für iPhone-Besitzer - weder Telefonate noch Internetverbindungen ermöglicht, sondern auf Kurzmitteilungen beschränkt bleibt.
Alleinstellungsmerkmal Satellitenverbindung
Die Sorge das Alleinstellungsmerkmal des Satellitennotrufs könne Smartphone-Käufer zum Wechsel zu Apple verleiten, führte schließlich zur Partnerschaft zwischen Iridium und Qualcomm, die im Januar 2023 angekündigt wurde. Qualcomm als weltgrößter Lieferant für Smartphone-Chips beabsichtigte den Herstellern von Android-Smartphones die Integration von Iridiums Satellitendienst zu ermöglichen. Wie Globalstar ist Iridium ein etabliertes Satellitennetz im erdnahen Orbit mit weltweiten exklusiven Frequenzen, das zudem als einziges den gesamten Erdball inklusive Polkappen abdeckt. Aus bis heute nicht bekannt gegebenen Gründen zerbrach diese Partnerschaft aber schon wenige Monate später im November 2023.
Parallel zu den Vorgenannten streben auch traditionelle Satellitenbetreiber, also jene von geostationären Satelliten, wie z.B. Viasat oder Thuraya, nach Anteilen am milliardenschweren D2D-Markt. Erwähnenswert ist hier das kalifornische Startup Skylo, das Frequenzbereiche auf bestehenden geostationären Satelliten anmietet und bereits heute einen Kurzmitteilungsdienst nach 5G-Standard für bislang sehr wenige kompatible Smartphones wie z.B. dem Google Pixel 9 bereitstellt.
Neuste Entwicklungen
In den vergangenen zwei Wochen gewann der bereits umkämpfte D2D-Markt nun noch mehr an Dynamik. Zunächst wurde bekannt, dass Iridium seinen proprietären Funkstandard durch einen 5G-basierten abzulösen beabsichtigt. Hierfür brachte Iridium mithilfe namhafter Unterstützer einschließlich der Continental AG, der Deutschen Telekom sowie zwei Fraunhofer-Instituten beim Standardisierungsforum 3GPP ein Normungsvorhaben ein, um 5G in der schmalbandigen NB-IoT-Variante über das Iridium-Satellitennetz zu ermöglichen. Vermutet wird, dass Iridiums Partnerschaft mit dem Android-Lager u.a. am proprietären Funkstandard Iridiums scheiterte und deshalb durch einen offenen Standard ersetzt werden soll. Dieser könnte aber frühstens Ende 2025 als Teil von 3GPP Release 19 verabschiedet werden. Kompatible Smartphones sind nicht vor 2026 zu erwarten.
Am 30. September machte dann ein anderer altbekannter Spieler im Satellitenmarkt von sich Reden. Es geht um den amerikanische Satelliten- und Telekommunikationskonzern Echostar, größter Pay-TV-Anbieter in den USA sowie Betreiber von Satelliten und dem erst im Februar 2023 gestarteten terrestrischen „Boost Mobile“-Mobilfunknetz. Echostar galt in den letzten Jahren als hoch verschuldet, steht nun aber kurz davor, seine Schuldenlast durch Umschuldung und die Veräußerung des Pay-TV-Geschäfts beinahe zu halbieren, um sich fortan auf zwei Geschäftsbereiche zu konzentrieren: den Ausbau des terrestrischen 5G-Netzes in den USA und parallel dazu den Aufbau eines D2D-Satellitennetzes. Zugrunde liegen letzterem ein 30 MHz breites Spektrum im S-Band, welches das Unternehmen einerseits durch seinen geostationären Satelliten „EchoStar XXI“ über Europa erlangte und andererseits über die 2019 erfolgte Akquisition des australischen IoT-Satellitenbetreibers Helios Wire.
Quelle des vollständigen Artikels:
https://www.teltarif.de/nr0/weltweit-satellit-mobilfunk-device-to-device/news/96791.html