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Geplante DSL-Abschaltung: Von "freiwillig" bis "Zwang"

Das Stichwort DSL-Abschaltung mag vielen nicht schmecken, die mit ihrem bezahlbaren DSL-Anschluss zufrieden sind. Doch die Glasfaser-Anbieter sehen teilweise wenig Möglichkeiten, die Kunden zu einem dauerhaften Umstieg auf Glasfaser zu bewegen, wenn nicht mit einer gleichzeitigen Abschaltung von DSL sozusagen "sanfter Druck" ausgeübt wird.
Um den ganzen Prozess zu regulieren, hat die Bundesnetzagentur - wie berichtet - in der vergangenen Woche ein Impulspapier vorgelegt. Und schon der Begriff "Impulspapier" signalisiert, dass die BNetzA hier offenbar nicht nur eine Beobachterrolle einnehmen möchte, sondern tatsächlich auch selbst Impulse setzen möchte - soweit es ihr von den gesetzlichen Voraussetzungen her überhaupt erlaubt ist.
Die Rolle der Bundesnetzagentur
Die Telekom wird möglicherweise kaum freiwillig VDSL abschalten, so lange es sich gut verkauft.Foto: Telekom teltarif.de hat sich nun weiter mit dem Impulspapier beschäftigt. Wie bereits gesagt: Das zur Konsultation stehende Impulspapier soll Transparenz über Struktur und Abläufe der komplexen Verfahren zur Außerbetriebnahme bzw. Ersetzung des Kupfernetzes nach § 34 TKG schaffen. So könnten künftig durchzuführende Beschlusskammerverfahren beschleunigt werden. Die Behörde beeilt sich aber, zu versichern, dass die Ausführungen im Impulspapier "keinerlei Bindungswirkung im Hinblick auf künftig zu führende Verfahren der Beschlusskammern entfalten, noch deren Entscheidungen vorzeichnen".
Denn letztendlich geht es in dem ganzen Verfahren auch bzw. überwiegend um die Rolle der Deutschen Telekom, die vermutlich nicht besonders begeistert ist, wenn ihr nach dem Glasfaserausbau an einem Ort (durch Wettbewerber) eine DSL-Abschaltung regulatorisch auferlegt wird. § 34 TKG sieht allerdings vor, dass die Bundesnetzagentur im Laufe der Zeit genau dafür einen Prozess aufsetzen soll.
Das Problem: Homes Passed
Die BNetzA weist darauf hin, dass Ende 2024 ca. 47 Prozent der Haushalte und Unternehmensstandorte mit Glasfaseranschlüssen (FTTH/B) versorgt bzw. unmittelbar erreichbar gewesen seien. Die Glasfaserinfrastruktur werde im Laufe dieses Jahres für etwa die Hälfte der Bevölkerung "zumindest bis nahe an ihre Grundstücksgrenze heranreichen" (Homes passed). Trotz einer aktuell hohen Ausbaudynamik sei ca. die Hälfte der Haushalte in Deutschland noch nicht unmittelbar mit Glasfasernetzen erreichbar. Ein erheblicher Teil des Erstausbaus muss noch erfolgen.
Sowohl das eine als auch das andere dürfte nicht im Sinne der Politik sein, die den in Deutschland lange verschlafenen Gigabit-Ausbau nachholen will. Und da bringen "Homes passed", an denen die Glasfaser nur vorbeiführt, für eine stichhaltige Statistik recht wenig.
DSL-Weiterbetrieb "betriebswirtschaftlich unprofitabel"?
Laut der BNetzA wird momentan der überwiegende Teil der Endkundennachfrage über das bestehende Kupfernetz (VDSL), das bestehende TV-Kabelnetz (HFC) und die entstehenden Glasfasernetze bedient, "die miteinander im Infrastrukturwettbewerb stehen". Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass die Nachfrage langfristig über reine Glasfasernetze bedient werden wird.
Die notwendigen Bandbreiten und Geschwindigkeiten würden "nur über Glasfaser abbildbar sein". Der Weiterbetrieb des Kupfernetzes werde "auch betriebswirtschaftlich unprofitabel". Ob sich die Telekom diese Sichtweise zu Eigen machen wird, muss sich noch zeigen.
Perspektivisch werde es "zu einer Abschaltung des Kupfernetzes kommen". Der Ausbau von Glasfasernetzen und die Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen sei regional unterschiedlich ausgeprägt, gesteht die Behörde ein. Deshalb sei noch unklar, wann in den ersten Gebieten das Kupfernetz abgeschaltet wird. Die EU-Kommission habe in ihrem Weißbuch zu digitalen Infrastrukturen die Abschaltung aller Kupfernetze bis 2030 als Ziel formuliert. Das scheine "aufgrund der Entwicklung des Ausbaus und von der Nachfrage nach Glasfaseranschlüssen für Deutschland jedoch unrealistisch".
Übergang über mehrere Jahre
Die BNetzA geht davon aus, dass der Übergang von Kupfer auf Glas "und die letztendliche Abschaltung des Kupfernetzes ... in einem mehrjährigen Prozess" erfolgen werde. Das werde "schrittweise und nicht für die gesamte Bundesrepublik auf einmal erfolgen". Der Übergangsprozess habe "mit dem freiwilligen Wechsel vieler Endkundinnen und Endkunden von kupferbasierten DSL-Anschlüssen zu Glasfaseranschlüssen bereits begonnen".
Erst später im Prozess werde es dann zur regulatorisch begleiteten Abschaltung von ersten Teilen des Kupfernetzes kommen. Für die Abschaltung eines bestimmten Teils des Kupfernetzes müsse der Netzbetreiber (die Deutsche Telekom) "mit ausreichend Vorlauf einen Antrag bei der Bundesnetzagentur stellen". Dieser Antrag müsse einen Plan für die Migration enthalten und die Bedingungen und den Ablauf der Migration für das (jeweilige) Abschaltegebiet umfassend darstellen. Die Bundesnetzagentur werde daraufhin den vorgelegten Migrationsplan prüfen und die Migrationsbedingungen festlegen.
Ein solcher Antrag sei von der Deutschen Telekom bisher nicht gestellt worden. So lange die Telekom mit ihren VDSL-Anschlüssen gutes Geld verdient und diese erfolgreich an die Wettbewerber weitervermietet, dürfte dazu aus Sicht der Telekom auch keine Veranlassung bestehen.
Irgendwann kommt die "forcierte Migration"
Interessant ist es, das von der BNetzA verwendete Vokabular zu beobachten. Nach der Phase des freiwilligen Übergangs werde es "im Zuge der regulierten Abschaltung des Kupfernetzes zu einer forcierten Migration der bis dahin ggf. auf dem Kupfernetz im jeweiligen Gebiet verbliebenen Endkundinnen und Endkunden kommen". Die Endkunden würden dann "frühzeitig über die geplante Abschaltung und die alternativen Produkte informiert". So könnten sie "über ihre zukünftigen Anbieter auf der alternativen Infrastruktur entscheiden".
Je weniger Endkunden nach der Phase des freiwilligen Wechsels noch auf der herkömmlichen Infrastruktur verbleiben, desto einfacher dürfte das förmliche Verfahren der Abschaltung ablaufen. Was die BNetzA interessanterweise nur selten als DSL-Alternative empfiehlt, ist 5G: Abgesehen davon, dass im § 34 TKG funkbasierte Lösungen gar nicht als Alternative zu DSL erwähnt werden, dürfte es den Festnetz-Providern auch kaum schmecken, wenn Bürger auf die Glasfaser verzichten und stattdessen zu einem 5G(-Zuhause)-Tarif greifen.
Leser haben teltarif.de wiederholt mitgeteilt, dass das in einigen Jahren allerdings ihre bevorzugte Breitband-Internetverbindung werden könnte - oder jetzt schon ist.
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https://www.teltarif.de/nr0/bnetza-dsl-abschaltung-regulierung-telekom/news/98527.html