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Hessen: In Oberzent gibt es noch große weiße Flecken
Der Netzausbau mit schnellem Internet im Fest- oder Mobilfunknetz ist in vollem Gange. Verlässt man die dicht besiedelten und gut versorgten Ballungsräume des Landes, findet man unterwegs sehr schnell Strecken, wo kilometerlang gar nichts geht.
Gehen wir beispielsweise nach Hessen. Die Stadt Oberzent ist die drittgrößte Stadt im Bundesland Hessen, doch bundesweit noch weitgehend unbekannt. Die Größe kommt von der Grundfläche (und nicht von der Einwohnerzahl). Die geringe Bekanntheit rührt daher, dass es diese Stadt erst seit dem 1. Januar 2018 offiziell gibt. Damals hatten sich 18 Ortsteile und Gemeinden und die Stadt Beerfelden freiwillig zu dieser Stadt zusammengeschlossen.
Die Deutsche Post spendierte eine neue Postleitzahl (korrekt ist die 64760), telefonisch sind die Ortsteile weiter unter drei verschiedenen Vorwahlen (06068, 06275 und 06276) zu erreichen.
Google weiß auch nicht alles
Drei selbständige Gemeinden (mit Ortsteilen) und die Stadt Beerfelden haben sich 2018 zur Stadt Oberzent zusammengeschlossenFoto: Picture Alliance / Alexander Heinl/dpa Wer im Internet nach "Oberzent" sucht, findet den Ort zwar bei Google, aber bis heute ist es nicht gelungen, in allen Ortsteilen verschiedene im Zuge der Fusion geänderte Straßennamen "beizubringen". Alternative Karten-Angebote wie Open Street Map waren hier deutlich schneller und korrekter. Die Postleitzahl des neuen Ortes war bei Google lange Zeit "falsch", was bei vielen Online-Shops zu Verzögerungen oder Verwechslungen führen konnte.
Was bietet das Festnetz in Oberzent?
Im Festnetz kann die Deutsche Telekom selbst maximal ADSL16 liefern. Im Rahmen eines WholeBuy kauft sie beim regionalen Energieversorger Entega Internet- und Telefondienstleistungen mit bis zu 50 bzw. 100 MBit/s im Download (VDSL Vectoring) ein, die unter dem Begriff "Magenta Regio" vermarktet werden. Der Ausbau von Glasfasern (FTTH) ist in Vorbereitung. Hier laufen sich Entega und das Joint-Venture "Glasfaserplus" (Telekom plus ein australischer Investor) derzeit warm. Ab 2024 könnte es mit dem Ausbau konkreter werden.
Wer alternative Festnetz-Anbieter für Telefon- oder Internet bevorzugt, kann z.B. bei o2-Telefónica oder Vodafone über Telekom-Leitungen angeschlossen werden. Bei ADSL16 ist dann aber in jedem Fall Schluss, da die Telekom die Wholebuy-Leistungen von Entega nicht weiterverkaufen kann, und Entega mit anderen Anbietern keine direkten Abkommen geschlossen hat.
Bevor es den Wholebuy der Telekom bei Entega gab, sind viele bisherige Telekom-Kunden vor Ort direkt zu Entega gewechselt. Wer TK-Leistungen bei Entega direkt oder indirekt über die Telekom bestellt, braucht viel Zeit und auch Geduld, wie wir anhand von Berichten von zahlreichen Betroffenen wissen. Bei Unklarheiten oder Störungen kann es einige Tage bis Wochen dauern, bis das Problem wirklich gelöst ist.
Wie ist der Mobilfunk in der "Stadt"?
In Sachen Mobilfunk sieht es in dieser "neuen" Stadt nach wie vor sehr durchwachsen aus. Die größeren Ortsteile, wie Rothenberg und Beerfelden, sind inzwischen mobil ganz annehmbar versorgt: Telekom startete früh mit 5G-NR-n1/4G-LTE-B3 (2100/1800 MHz), Vodafone kombiniert 5G-NR-n28 mit 4G-LTE-B20 (700/800 MHz) und o2 versorgt mit GSM und LTE. Es gibt aber weite Strecken in der "Stadt", wo es aktuell wenig bis gar nichts zu empfangen gibt.
Wer beispielsweise vom Neckartal über Hirschhorn nach Oberzent fährt, kann als Telekom-Kunde die Funktion MOCN ausprobieren. Hier setzt die Telekom auf das Netz von Vodafone, deren ehemaliger TV-Umsetzer-Standort (oberhalb des Hirschhorn-Tunnels) sich als idealer Lückenfüller erweist.
Kein Empfang im Rathaus
Wer beispielsweise in der Rathaus-Außenstelle in Unter-Sensbach arbeitet, hat drinnen aktuell gar kein Mobilfunknetz und empfängt draußen maximal ein Telekom-Signal mit EDGE. Die Straße von Unter-Sensbach über Hebstahl ins badische Gaimühle (ein Ortsteil von Eberbach/Baden) und weiter nach Eberbach ist ebenfalls gänzlich unversorgt.
Auch wer im Ortsteil Finkenbach in Richtung Raubach über Hinterbach abbiegt, kommt an der "Finkenbach Quelle" (Gesundheitssprudel) vorbei und kann sich an einem garantiert nicht klingelnden Mobiltelefon erfreuen. Denn dort gibt es nämlich nach wie vor kein Netz.
Wer von Beerfelden kommend, Richtung Westen durch den Ortsteil Airlenbach fährt, hat dort wenig bis kaum Netz (etwas Telekom, kein Vodafone, etwas o2). Der nächste Ortsteil Olfen liegt in einem romantischen Taleinschnitt - aktuell noch ganz ohne Netz, aber es gibt bereits einen fertig montierten Sendemasten.
Ist der Ausbau geplant?
Wir haben exemplarisch bei der Deutschen Telekom nachgefragt, wie der aktuelle Stand des Ausbaus aussieht. Nachfolgend lesen Sie die detaillierte Antwort: "So kann ich Ihnen mitteilen, dass wir in Oberzent Standorte in folgenden Ortsteilen planen: Olfen, Ober-Sensbach, Hebstahl, außerdem in Finkenbach. Alle diese Standorte zahlen auf die "Weiße-Flecken-Thematik" ein und werden in Kooperation mit den anderen Netzbetreibern errichtet."
Der DFMG/Telekom-Sendemast in Oberzent-Olfen ist baulich fertig. Aktiver Sendestart könnte bis Sommer 2024 seinFoto: Henning Gajek / teltarif.de Und weiter: "Beim Standort in Oberzent-Olfen sind wir am weitesten. Dieser wurde hochbaulich übergeben, funkt aber noch nicht. Die Inbetriebnahme wird innerhalb der kommenden 12 Monate [Anm. d. Red.: bis Sommer 2024] erfolgen können. Bei den anderen haben wir bereits Mietverträge, sind aber noch in der Planungs- bzw. Baugenehmigungsphase. Zur Inbetriebnahme kann ich noch keine Aussage machen."
Weiter heißt es: "Auch die Strecke von Gaimühle nach Eberbach wird im Rahmen der Whitespot-Kooperation [Anm. d. Red.: Telekom, Vodafone, o2] mit drei weiteren Standorten versorgt werden. Davon wird auch die Ortschaft Gaimühle selbst profitieren. Grundstücke haben wir, jetzt folgt alles weitere." Entlang der Strecke Eberbach-Gaimühle verläuft übrigens die romantische Strecke der Odenwald-Bahn, die dann weiter durch den Krähberg-Tunnel über Erbach, Michelstadt alternativ nach Hanau oder Darmstadt führt.
Nicht überall wird ausgebaut
Nicht überall sind die Nachrichten so optimistisch wie für die Stadt Oberzent selbst. Wer "nebenan" in der Gemeinde Mossautal (ebenfalls ein Zusammenschluss von verschiedenen kleineren Orten) lebt, hat entlang der stark befahrenen Bundesstraße B460 (Richtung Fürth/Weinheim) im Ort Hiltersklingen nur wenig bis gar kein Netz. Das ist bei der Telekom bekannt, allerdings sei konkret noch keine Verbesserung geplant, so die Auskunft. Dafür können Freunde moderner Technik im Ortsteil Ober-Mossau bereits 5G-SA ("5G+") von Vodafone auf 700 MHz ausprobieren.
Es tut sich was, aber das braucht zu viel Zeit
Wir sehen, es tut sich einiges, aber es braucht viel zu viel Zeit: Findung von passenden Grundstücken, Klärung von technischen Fragen wie Zufahrt, Strom- und Signalversorgung des Sendestandorts, die Einholung von Genehmigungen, die Information der Bevölkerung vor Ort und die Klärung von Einwänden oder Fragen.
Quelle des vollständigen Artikels:
https://www.teltarif.de/nr0/netzausbau-oberzent-flaeche/news/92468.html