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Warum die Glasfaser-Branche den Wettbewerb fürchtet

Ausbau der Glasfaser im Wettbewerb führt hier und da zum Überbau. Die Branche wirft der Telekom Verdrängung vor und ist nervös.Beim Glas­faser­ausbau läuft nicht alles rund. Immer mehr Projekte werden abge­bro­chen. Als Haupt­schul­digen sieht die Branche die Telekom - doch die Probleme liegen oft woan­ders.

Es geis­tert ein Wort durch Deutsch­land das "Überbau" heißt. Es geht darum, dass beim drin­gend notwen­digen Ausbau mit Glas­faser­lei­tungen zu den Häusern (FTTB) oder in die Häuser bis in die Wohnungen hinein (FTTH) ein Unter­nehmen über­legt, zu bauen oder schon gebaut hat, und dann ein zweites Unter­nehmen folgt, das an dieser Stelle eben­falls ausbaut oder bauen will.

Was ist Überbau?

Ausbau der Glasfaser im Wettbewerb führt hier und da zum Überbau. Die Branche wirft der Telekom Verdrängung vor und ist nervös.Foto: Picture Alliance/dpa/BELGA Es gibt Szena­rien, wo eine Firma X, die einen Ort komplett ausbauen wollte, einen Rück­zieher macht, sobald bekannt wird, dass ein weiteres Unter­nehmen bauen möchte. Es gibt Orte, wo Unter­nehmen X die Straßen aufreißt, baut und wieder verschließt und kurz darauf das Unter­nehmen Y erneut aufreißt und eben­falls baut. Bürger und Verwal­tung sind genervt und fragen, ob man das nicht koor­dinieren könnte.

Die Angst der Branche vor der Telekom

Sollte dieses weitere Unter­nehmen die Deut­sche Telekom sein, gibt es sofort einen Aufschrei in der Branche. Die in verschie­denen Bran­chen-Verbänden wie VATM, BREKO, BUGLAS oder VKU orga­nisierten Unter­nehmen fordern daher vehe­ment, vor Ort jede Form von Überbau zu verbieten. Sprich: Wenn in einer Gegend ein Unter­nehmen X baut oder gebaut hat, dann dürfe auf abseh­bare Zeit dort kein weiteres Unter­nehmen auch etwas bauen, weil sich die Inves­titionen des ersten Unter­neh­mens sonst nicht mehr lohnen.

Die Verbände gaben alar­mie­rende Pres­seer­klä­rungen heraus, worin auf Land­karten gezeigt werden sollte, dass die Telekom speziell überall da auch bauen wolle, wo die Privaten sich "getraut" hätten. Der Vorwurf lautet "stra­tegi­scher Überbau", um eigenen Kunden­ver­lust zu verhin­dern. Die Telekom sagt dazu: "Das ist Wett­bewerb".

Politik will prüfen

Aufgrund von Protesten und Eingaben versprach die Bundes­netz­agentur, sich gemeinsam mit dem Bundes­wirt­schafts­minister die Sache einmal anzu­schauen.

Wie ist die aktu­elle Lage?

Auch bei der Telekom, so berichten Einge­weihte, hat man sich auf die Spuren­suche gemacht und Inter­essantes zu Tage geför­dert. Gene­ral­stabs­mäßig seien bundes­weit Zeitungs­artikel gesichtet und Webseiten der Konkur­renten ausge­wertet worden, und alle Mitar­beiter halfen dabei mit.

Da gibt es Orte, wo ein Unter­nehmen X die Absicht hatte, auszu­bauen, dann aber einen Rück­zieher machte, weil sich im Rahmen des Erkun­dungs­ver­fah­rens weniger als beispiels­weise 40 Prozent der Kunden eines Ortes für einen Glas­faser­ver­trag entschließen wollten.

Die Gründe für dieses Desin­ter­esse vor Ort können viel­fältig sein. Wenn dort schon VDSL mit 100 oder gar 250 MBit/s Down, oder ein TV-Koax­kabel-Netz (mit im Ideal­fall bis zu 1000 MBit/s down) vorhanden ist, sehen viele poten­zielle Kunden kein Motiv mehr, auf die neuar­tige Glas­faser­technik umzu­steigen, die oft teurer sein kann, je nachdem wie schnell man buchen möchte.

Die internen Zahlen der Telekom, die teltarif.de einsehen konnte, belegen, dass die Zahl der Ausbau­abbrüche bei verschie­denen Unter­nehmen in den letzten Jahren zuneh­mend gestiegen ist.

Bran­chen­ver­bände sind alar­miert

Warum reagieren in der letzten Zeit selbst sonst beson­nene Bran­chen­ver­bände so aufge­regt? In Brand­briefen und Press­erklä­rungen fordern sie ein Doppel­aus­bau­verbot.

Bei näheren Hinsehen werden die Gründe schnell klar. Viele dieser neuen Unter­nehmen sind oft erst seit kurzem auf dem Markt und absolut auf Geld­mittel von Inves­toren ange­wiesen. Den Inves­toren wurde mit dem Glas­faser­ausbau möglichst schnell, möglichst viel Rendite verspro­chen. Doch der deut­sche Markt mit seinen konser­vativen Kunden ist sehr behäbig. So liegt schon einiges an Glas­faser im Boden, was aber derzeit noch nicht gebucht wird ("Homes passed"). Für viele Neuein­steiger wäre das gefähr­liches totes Kapital. Gut möglich, dass manche Region so knapp kalku­liert wird, dass keinerlei Konkur­renz "zuge­lassen" werden kann, weil es sich sonst nicht mehr rechnet.

Krieg und Preis­stei­gerungen

Und dann kamen der uner­war­tete Ukraine-Krieg und die damit verbun­denen allge­meinen Preis­stei­gerungen, die bei vielen Inter­essenten - sprich Kunden - eine Bremse ausge­löst haben. Super­schnelle Glas­faser für ca. 80-100 Euro im Monat ist im Budget nicht mehr drin, da tut es der alte 50-MBit/s- oder 100-MBit/s-Anschluss auch.

Stei­gende Baukosten machen den Ausbau der Provinz unat­trak­tiver

Manche Glas­faser-Bau-Firmen könnten sich schlicht selbst über­schätzt haben, erklärt es ein hoch­ran­giger Bran­chen­ver­treter im Gespräch mit teltarif.de. So ein Netz­ausbau sei nicht so einfach, wie das auf den ersten Blick aussieht.

Telekom räumt 300.000 Fälle ein

In etwa 300.000 Fällen bundes­weit räumt die Telekom einen Überbau ein, verweist aber auf alleine 600.000 Fälle im ersten Halb­jahr 2023, wo ein Anbieter den Rück­zieher gemacht hat, auch ohne, dass die Telekom vor Ort Inter­esse bekundet hätte. 2020 waren 100.000 mögliche Anschlüsse stor­niert worden, 2021 stieg es schon auf 200.000, und 2022 ergab sich eine erneute Verdop­pelung auf 400.000 Anschlüsse, die nicht gebaut wurden.

Rechnet man alleine die 600.000 Fälle des ersten Halb­jahres 2023 hoch, wären es rein rech­nerisch am Jahres­ende etwa 1,2 Millionen, was eine Verdrei­fachung gegen­über 2022 darstellen würde. Das macht die Nervo­sität der Branche deut­lich.

Warum passiert Doppel­ausbau?

Die Gründe für den Doppel­ausbau sind oft trivial: Die Netze der Konkur­renten passen von der Struktur oder der verbauten Technik nicht zu den Anfor­derungen der Telekom. Auch beim Thema Service (QoS = Quality of Service) gibt es teils deut­liche Unter­schiede. Wenn die Telekom ein Produkt eines Mitbe­wer­bers einkauft, muss sie ihren eigenen Kunden die gewohnte Qualität liefern und vieles abfangen, was der Liefe­rant nicht oder anders macht. Da über­legt man sich schon, ob man nicht gleich selber baut.

Warum kein Einheits­netz?

Ab und an wird im Mobil­funk ein "deut­sches Einheits­netz" gefor­dert, auch im Fest­netz würde diese Idee Lieb­haber finden. Die Idee dahinter klingt bestechend: Das Einheits­netz versorgt das ganze Land und verkauft dann zu regu­lierten Preisen dieses Netz an Service-Provider und bishe­rige Netz­betreiber. Eine "Deut­sche Bundes­post 2.0" quasi.

Selbst bei der Telekom, die im Netz­ausbau in Sachen Mobil­funk zwei­fels­frei und im Fest­netz nach eigenen Bekunden weit vorne liegt, stößt das auf Ableh­nung. Der "Überbau" im Mobil­funk sei dort Stan­dard, nämlich Wett­bewerb. Wo die Telekom versorgt, sind oft auch Voda­fone oder Telefónica und viel­leicht künftig auch 1&1 aktiv.

Voda­fone will sich im Wett­bewerb behaupten

Voda­fone hat im Fest­netz Inves­titionen von 8-9 Milli­arden ange­kün­digt. Bran­chen­ver­treter sind sich ziem­lich sicher, dass Voda­fone das nur tut, weil man im Wett­bewerb gegen die Telekom bestehen will.

Wenn die Telekom über­baut wird

Weniger bekannt ist, dass Konkur­renten der Telekom auch die Netze der Telekom über­bauen. Aktuell hat die in Köln ange­sie­delte Netco­logne ange­kün­digt, in Bonn Glas­faser verlegen zu wollen.

Quelle des vollständigen Artikels:

https://www.teltarif.de/nr0/glasfaser-ueberbau-investoren-angst-wettbewerb/news/92612.html

Schlagworte / Tags Telekom,

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